Gestern empfingen wir zwei Gäste aus Deutschland, Olli und Geli, die gemeinsam einen Teeladen in Kiel betreiben, bei dem unter anderem auch besonderer Wert auf japanischen Tee und Keramik gelegt wird. Die beiden haben großes Glück, denn heute ist der letzte Honcha-Erntetag der ersten Ernte im Teegarten von Haruyo und Shigeru Morimoto. Es ist immer schwer vorauszusagen, ob sich die Gelegenheit ergibt während eines kurzen Besuches auch die Teeernte und Grüntee-Verarbeitung sehen zu können. Denn um dies zu ermöglichen, muss schließlich das Wetter mitspielen.

Zudem ist es für die Tee-Gärten meist sehr anstrengend, wenn ausgerechnet während der ersten Ernte – dem wichtigsten Zeitpunkt im Zyklus eines Jahres der allermeisten Teegärten – dann gerade bei all dem Stress mit der Ernte und Verarbeitung auch noch Gäste zu Besuch kommen. Auch Haruyo und Shigeru Morimoto würden sich lieber den Gästen während einer ruhigeren Saison in Ruhe, wirklich intensiv widmen können. Andererseits verstehen sie aber auch, dass es natürlich für unsere Gäste und uns spannend und sehr lehrreich ist, bei der Sencha-Produktion mit dabei zu sein und so jeden Schritt vom frischen Teeblatt bis zum fertigen Sencha mitzuverfolgen.

Es stehen heute zwei sehr wichtige Teesorten auf dem Programm: Sencha aus unbeschatteten Sträuchern der Varietät Oku Midori, sowie Fukamushi-Sencha aus beschatteten Oku Yutaka. Die unbeschattete Oku Midori-Strauchsorte ist ein wichtiger Bestandteil des Morimoto Tokujou Sencha, während die Kabuse Oku Yutaka etwas tiefer gedämpft wird, um dann für den Morimoto Fukamushi Sencha die geeignete Verwendung zu finden.

Mit der Oku Midori beginnt Shigeru schon ganz früh morgens. Als wir vormittags ankommen, sind die beiden Töchter Yukie und Tae Morimoto gerade damit beschäftigt die schwarzen Netze von den Oku Yutaka Sträuchern zu nehmen.  Da das Hilfsmittel für das Einrollen der schwarzen Netze – eine einfach konstruierte Maschine – leider immer noch beschädigt, und daher noch nicht einsatzbereit ist, müssen die Netze von Hand abgenommen und zusammengefaltet werden, was viel körperliche Arbeit und Zeiteinsatz erfordert. Da es am Vortag geregnet hat, und die Netze dadurch entsprechend schwer sind, ist das eine ganz schön anstrengende Arbeit – wir erinnern uns noch gut an die vergangenen Jahre, als es unsere Aufgabe war, die Netze von einigen Teegärten einzurollen.

In diesem Jahr wurden die Sträucher der Oku Yutaka besonders lang beschattet, und haben auch in der Zeit vor Anbringung der schwarzen Netze nicht viel Sonne bekommen, da es so viel regnete. Die Blätter dieser Tennen Gyokuro-Strauchsorte sind daher in diesem Jahr sehr klein und weich, weshalb Shigeru bei der Dämpfung sehr große Sorgfalt walten lässt. Nachdem er die Dämpfung eingestellt hat, zeigt er uns die frisch gedämpften Blätter. Er erklärt uns, dass er die Einstellung so perfekt findet, weil der Tee zwar tief gedämpft ist, aber das Blatt während der Verarbeitung nicht gänzlich zu Staub zerfallen wird, wenn er es so dämpft. Würde er noch tiefer dämpfen, würde die Farbe eher Richtung gelb tendieren und das Blatt zu sehr zerbröseln. Wir sind von der intensiven Farbe der Blätter jetzt schon begeistert. Da Shigeru Morimoto den Fukamushi Sencha exklusiv für uns herstellt, sprechen wir uns gegenseitig ab, wie die Dämpfung erfolgen soll, und wie der Tee am Ende werden soll – eine wirklich sehr fruchtbare Zusammenarbeit.

In diesem Jahr konzentrieren wir uns, unter fachkundiger Anleitung durch Shigeru Morimoto, mehr auf die Endverarbeitung (shi-age). Schon im vergangenen Jahr begannen bei den Morimotos die Planungen für einen festen Ort für die Endverarbeitung, die selbstverständlich auch die finale Sortierung umfasst. Im letzten Jahr (2015) konnten wir einige Tees schon sehr präzise sortieren, mit Hilfe einer zwar gebrauchten, aber technisch auf einem recht hohen Niveau befindlichen Maschine – allerdings erstmal nur als Testproduktion. Es gab auch noch keinen festen Ort für die Endverarbeitung, vielmehr waren die verschiedenen Endverarbeitungsschritte an verschiedenen Stellen, sodass man die 30kg-schweren Tee-Säcke mit Aracha immer von einem Ende des Produktionsraums ans andere Ende tragen musste.

Das ist nun endlich einfacher: Alles ist an einem Ort und auch der Weg zu Vakuummaschine und Kühlschrank ist nicht weit, sodass der Tee optimal gelagert werden kann, bis er dann den langen Weg nach Europa antritt. Natürlich ist die Endverarbeitung gleichzeitig auch dafür da, den Tee in einen Zustand zu bringen, indem er optimal transportiert werden kann, ohne auf dem Weg nach Europa an Qualität zu verlieren. Seit April gibt es nun diesen eigenen gekühlten Raum, in dem die Sortierung (senbetsu) und finale Erhitzung (hi-ire) stattfindet.

Die Endverarbeitung wird bei den meisten japanischen Tees von großen Konzernen übernommen, die den Aracha von vielen verschiedenen Betrieben aufkaufen und dann zu fertigen Sencha-Blends verarbeiten. Bei den Morimotos findet die Endverarbeitung (shi-age) natürlich in einem sehr viel kleineren Maßstab statt, verglichen mit den Großbetrieben in Shizuoka. Wir merken auch, dass die Endverarbeitung des Aracha auch noch einmal richtig viel Zeit in Anspruch nimmt, da sie mehrere Produktionsschritte umfasst, die alle eine ganze Menge Zeit brauchen.

Am Abend probieren wir den Fukamushi Sencha aus Oku Yutaka und sind wahnsinnig begeistert. Die tiefgrüne Farbe und das intensive umami dieses Tees sind einfach überwältigend.