Wir sind seit Tagen schon voller Vorfreude und haben unseren Besuch bei Vater und Sohn Kadota extra noch einmal um einen Tag verschoben, um am ersten richtigen Tag, dem ersten Ernte- und Verarbeitungstag 2018 mit dabei zu sein. Als wir am späten Vormittag im kleinen Familienbetrieb Kadota, nicht weit entfernt vom Teegarten Morimoto, ankommen, strömt uns schon ein paradiesischer, blumig-süßlicher Duft entgegen.

 

Es handelt sich heute um grüne Teeblätter der Strauchvarietät Yabukita, die erst erhitzt, gerollt und anschließend über mehrere Schritte mit wohl temperiertem Wärmeverlauf getrocknet werden. Der Teegarten Kadota ist mit lediglich 2,6 Hektor einer der kleinsten Betriebe. Junji Kadota und sein Sohn Yusuke Kadota haben die Leitung des Traditionsbetriebs vor einigen Jahren übernommen. Junjis Vater hatte zuvor die Verantwortung. Doch mit dem Alter kam der Zeitpunkt, an dem er den Aufgaben im Teegarten und bei der Teeverarbeitung nicht mehr gewachsen war. Junji und Yusuke kündigten daraufhin zur gleichen Zeit ihre jeweils andere Arbeit um sich von da an gänzlich auf die Teeherstellung und Weiterführung des Familienbetriebes zu konzentrieren. Zuvor hatten sie während der Ernteperioden natürlich mitgeholfen, sodass beide auf einen langen Erfahrungsschatz bei der Teeverarbeitung zurückgreifen konnten.

Junji und Yusuke Kadota Kamairicha
Junji und Yusuke Kadota

Auch aus Sicht von Vater und Sohn Kadota ist die Art der Teeverarbeitung, wie sie hier stattfindet, ein wertvoller Schatz, denn sie ist mittlerweile einzigartig in Japan. Die hier verwendeten Gusseisengeräte sind mittlerweile zwischen 50 und 100 Jahre alt. Die Abläufe sind auf das Wesentliche reduziert. Es gibt keine Förderbänder, die den Tee von einer Trocknungstrommel zur nächsten transportieren. All dies erfolgt per Hand. Die beiden prüfen mit allen ihren Sinnen die Struktur, den Geruch, die Feuchtigkeit und Elastizität der Blätter und entscheiden dabei wie lange welcher der einzelnen Trocknungsschritte durchgeführt wird. Entscheiden Sie, dass die Teeblätter das gewünschte Stadium erreicht haben, nehmen sie die Blätter aus der jeweiligen Gusseisen-Kama heraus, und füllen sie in das nächste Gerät. Sohn und Vater sind absolut konzentriert bei der Arbeit, sie ruhen dabei in sich. Man versteht, beide wissen genau, was sie tun. Sie sind eins mit dem Tee, den sie herstellen.

Kadota Kamairicha Hon-Gama
Kadota Kamairicha: 100 Jahre alte Hon-Gama

Highlight der Verarbeitung sind natürlich die 100 Jahre alten Hon-Gama („Echte Kama“), von denen drei Exemplare von Shigeru Morimotos Vater Ryotaro Morimoto stammen. Als dieser mit der Kamairicha-Herstellung aufhörte und auf Sencha-Herstellung umstellte, schenkte er die alten Hon-Gama Familie Kadota, die diese noch heute benutzen. Ryotaro Morimoto und auch Junjis Vater haben die alten Hon-Gama noch mit Holz befeuert. Da aber der Rauch und die Beschaffung des richtigen Brennholzes immer wieder ein Problem darstellte, verwenden Junji und Yusuke Kadota heute eine Gasflamme zum Beheizen aller ihrer Hon-Gama. Das ist aber auch die einzige Veränderung, die die beiden an der alten Fabrik vorgenommen haben.

 

Auf die Frage hin, wie lange der Tee in den Hon-Gama verweilt, antwortet Junji, dass er am Geruch erkennt, wann der Tee fertig ist. Dieser ändere sich von einem eher blumigen zu einem süßlichen Duft. Beim Einfüllen des Tees riechen wir kurz an den noch feuchten Blättern. Knapp zwei Stunden später kommen wir wieder zur selben Hon-Gama und stellen diese Veränderung auch fest. Der ganze Raum ist nun nicht mehr von dem blumigen Duft zu Beginn der heutigen Produktion, sondern von einem fein-süßlichen Duft durchströmt. Am liebsten würden wir den Raum gar nicht mehr verlassen.

 

Yusuke bereitet uns in einem kleinen Nebenraum den heute ganz frisch hergestellten Aracha Shincha zu. Aus der Kyusu strömt uns derselbe fein-süßliche Duft entgegen. Die im trockenen Zustand noch silbrig-bläulichen Blätter entfalten sich nach kurzer Zeit und erstrahlen in einem leuchtenden, frischen Grün. Wir nehmen auch die blumig-frische Note vom Beginn der Herstellung nun wieder deutlich wahr. Beides kombiniert sich zu einem erfrischenden und lang im Mund bleibenden Geschmack mit einem schönen, blumigen Nachhall. Weil wir so begeistert sind, nehmen wir eine kleine Menge als diesjährigen Überraschungs-Shincha mit nach Europa:

Kadota Aracha Shincha.

Kadota Aracha Shincha 2018
Kadota Aracha Shincha 2018

Teesträucher und Lagen bei Kadota

Die heute für den Kadota Aracha Shincha geerntete Yabukita ist die am frühesten austreibende Strauchsorte im Traditionsbetrieb Kadota. Die weiteren Varietäten Kanaya Midori, Yamanami und Zairai treiben später aus. Die Entscheidung diese Varietäten in ihrem Teegarten anzubauen, hat einerseits damit zu tun, dass es sich dabei, ausgenommen der Yabukita, um traditionelle Kamairicha-Strauchsorten handelt. Andererseits ist Familie Kadota auch darauf angewiesen, spät austreibende Strauchsorten im Teegarten zu kultivieren, da sie keine Ventilatoren zum Schutz vor späten Nachtfrösten in ihren Parzellen aufstellen konnten. So bilden die Teesträucher ihre Knospen im Frühling erst, wenn meistens die Fröste schon überstanden sind. Die heutige Yabukita stammt vom Standort Odateyama, der etwa 250m über dem Meer liegt.

Kadota Kamairicha Aracha Shincha Odateyama
Junji und Yusuke Kadota in der Odateyama Teeparzelle: Yabukita für den Kadota Aracha Shincha

 

Obwohl es hier oben vergleichsweise kühl ist, liegt die Teegartenparzelle gut geschützt von Bäumen umringt. Familie Kadota bewirtschaftet diese Parzelle schon seit mehreren Generationen.

Wirklich moderne Kamairicha-Fabriken gibt es zwar nicht, aber die wenigen Kamairicha-Betriebe, die es noch gibt, verwenden bis auf die erste Erhitzung, die mit trockener Hitze in als „Kama“ bezeichneten Geräten durchgeführt wird, andere Geräte, die eigentlich für die Sencha-Herstellung konzipiert wurden. Statt den Hon-Gama-Gusseiesen-Geräten, wie sie bei Kadota noch Verwendung finden, werden deutlich effizientere Suikan-Maschinen verwendet. Eine Suikan-Maschine ersetzt etwa drei offene Hon-Gama. Der Geschmack des mit Suikan-Maschinen hergestelltenTees ist jedoch nicht derselbe. Junji erklärt uns, dass der Austausch mit Sauerstoff während des letzten Trocknungsschrittes zum Aracha (etwa 5% Restfeuchte) den Duft des Tees sehr gut hervorbringt. Bei Verwendung einer geschlossenen Suikan-Trommel jedoch findet ein solcher Austausch nicht statt. Die Verwendung der historischen Geräte ist also grundlegend, um das Einzigartige Aroma der Tees von Kadota hervorbringen zu können.