Nach einem ausgiebigen Frühstück früh am Morgen, verlassen wir Kyoto und fahren weiter gen Süden auf die Insel Kyushu. Unser Zeitplan für heute ist wirklich sehr eng. Eine halbe Stunde haben wir um unsere Koffer abzustellen, dann geht es direkt weiter nach Minamata zu Kazuya Matsumoto von Sakura-no En. Bei unserem Telefonat zur Vorbereitung der Reise meinte Kazuya Matsumoto, dass es sein könnte, dass er heute in der Fabrik arbeiten müsse und nur etwa zwei Stunden für uns Zeit hat. Gestern kam die frohe Kunde, dass er seine Arbeit abschließen konnte und heute ganz viel Zeit für uns hat.
Auf dem Weg in die Teegärten erzählt er uns, dass er bisher noch keine kurze Erntezeit hatte. Normalerweise zieht sich die Ernteperiode über ein paar Wochen und wetterbedingt gibt es eigentlich immer zwischendrin freie Tage. In diesem Jahr hat der 55jährige Kazuya Matsumoto vom 16.April, dem MOE Erntetage bis gestern 30.April durchgearbeitet ohne einen Tag Pause. Dass er noch im April mit seinen Tees fertig ist, hat es bisher so noch nie gegeben.
In der Gemeinschaftsfabrik, zu der Kazuya Matsumoto gerade noch gerufen wurde, herrscht aber noch reges Treiben. Ein befreundeter junger Teebauer, den er bei der Arbeit und auch dem Verkauf der Tees unterstützt, brauchte noch einen Rat bezüglich der Dämpfung von den gerade geernteten Zaira Teeblättern. Die Dämpfungsmaschine ist relativ schräg eingestellt, sodass die Teeblätter schnell hindurchlaufen und damit eher flach gedämpft (asamushi) werden. Das entspricht auch Kazuyas Ideal für einen Zairai-Tee. Er meint, dass Zairai besser wenig Schwebstoffe und damit einen klaren durchsichtigen Aufguss haben sollte. Zum Testen entnimmt er die frisch gedämpften und noch heißen Teeblätter, rollt sie zwischen den Händen und bereitet einen Aufguss zu. Mit dem Ergebnis ist er nicht ganz zufrieden und rät seinem Freund die Dämpfungsmaschine etwas flacher einzustellen, sodass die Teeblätter etwas tiefer gedämpft werden. Auch das Ergebnis dieser Einschätzung wird noch einmal geprüft und schließlich für gut befunden.
Kazuya Matsumoto betont, dass es ihm sehr wichtig ist, junge Teebauern in der Region zu unterstützen. Es wäre nicht gut, wenn er der einzige Teebauer in der Region wäre. Schon seinem Urgroßvater war bei der Gründung des Teegartens wichtig die Region zu unterstützen – für Arbeit und Entwicklung zu sorgen. Dieser Tradition möchte auch Kazuya weiter folgen und arbeitet an einem Netzwerk aus Teebauern in Minamata, die alle Teeanbau ohne Pestizide und Mineraldünger machen.
Nachdem wir alle Gärten einmal angeschaut und die phantastische Aussicht auf die umliegenden Berge genossen haben, fahren wir noch zur alten Gemeinschaftsfabrik, die ganz in der Nähe des Wohnhauses liegt. Hier stellt Kazuya Matsumoto seine verschiedenen Schwarztees her. Neben vielen alten Maschinen aus der ehemaligen Grünteeproduktion, gibt es hier auch eine neue Maschine, die er für die Oolong-Herstellung einsetzt. In den letzten Jahren hatte er fortwährend an der Herstellung verschiedenartiger Oolong-Tees gearbeitet.
Im Wohnhaus angekommen, dürfen wir einige seiner Tees verkosten. Der florale, duftige Oolong hat uns dabei am meisten angetan. Begeistert trinken wir Aufguss um Aufguss, ohne dass der Tee an Intensität verliert. Wenn alles gut geht, werden wir hiervon auch eine kleine Menge bekommen können. Den Shincha MOE von diesem Jahr bereitet Kazuya Matsumoto als Mizudashi, also mit kaltem Wasser zu. Die Süße ist betörend. Allerdings war der Tee für uns nicht unbekannt. Einen Tag vor Abflug war der MOE 2023 in Frankfurt schon angekommen, sodass wir ihn noch probieren konnten. Auch einige Schwarztees und sogar Matcha haben wir verkosten können. Ochazuke, also Reis mit Tee übergossen durfte natürlich auch nicht fehlen. Viele Teebauern essen ihren Reis in der Shincha-Zeit so. Ganz teebetrunken machen wir uns spät am Abend erst auf den Rückweg zu unserer Unterkunft.