Diese Woche geht es nun wirklich rund. Nachdem wir gestern unsere volle Aufmerksamkeit auf den Shincha MOE gelegt haben, folgen heute zwei Shinchas von Mankichi und Keita Watanabe aus Yakushima: Watanabe Kabuse Shincha und der neue Ryō Watanabe Aracha Shincha.

Watanabe Kabuse Shincha und Ryō Watanabe Aracha Shincha
Watanabe Kabuse Shincha und Ryō Watanabe Aracha Shincha

…noch ein Aracha Shincha. Warum?

Die Idee, einen neuen Aracha Shincha anzubieten kam uns vor über einem Jahr. Als noch nicht an Corona zu denken war, planten wir ein Teeseminar zum Thema Shincha, das Ende Mai 2020 stattfinden sollte und bis jetzt leider noch nicht stattgefunden hat. Ein wichtiger Punkt, den wir in dem Seminar herausarbeiten wollten, war die Bedeutung der finalen Erhitzung. Es ist immer wieder spannend im Aracha das Potential für den fertigen Tee herauszuschmecken. Für das Seminar haben wir Keita und Mankichi kurz vor der Shincha-Ernte 2020 gebeten uns ein großzügiges Muster vom Aracha (Rohtee) des Watanabe Kabuse Shincha mitzuschicken. Im Seminar wollten wir dann 1:1 vergleichen, welche Nuancen im Aracha zu finden sind, und wie sich die Aromen bei der finalen Erhitzung verändern. Da das Seminar nun nicht stattfand, duften wir das Muster für uns behalten. Nun waren wir so begeistert von dem Aracha, dass wir für 2021 Mankichi und Keita darum baten, uns zusätzlich zum Watanabe Kabuse Shincha auch den Aracha, also denselben Tee vor der finalen Erhitzung zu senden. So kann jeder zu Hause selbst verkosten und die Unterschiede und Gemeinsamkeiten erschmecken.

Watanabe Shincha Aracha 2021

霊 Der Ryō

„RYŌ“ oder auch „REI“ gelesen, ist das Schriftzeichen mit der Bedeutung „Geist, Seele“.

Die Namensgebung des Aracha Shincha von Familie Watanabe aus Yakushima soll daran erinnern, dass ein guter Tee nicht nur daraus besteht, was greifbar ist, also die Teeblätter, sondern auch daraus, was nicht greifbar ist. Die Umgebung, in der er angebaut wird, die Philosophie derjenigen, die ihn anbauen, die Energie der Natur, in der die Teesträucher wachsen, die Geschichte, wie ein Tee entsteht, all das kann man in ihm spüren, wenn man ihn aufgießt und genießt, ohne dass man es äußerlich erfassen kann. Gewissermaßen ist der Ryō also die Seele des Watanabe Kabuse Shincha.

Zudem setzt sich das Schriftzeichen aus zwei Teilen zusammen, und der eine Teil davon ist das Schriftzeichen für Regen. Regen ist nicht nur essentiell für den Teeanbau und das Wachstum jeglicher Pflanzen, sondern er erinnert und auch daran, wie wir Mankichi Watanabe kennengelernt haben, und dafür zwei Stunden mit dem Fahrrad durch Regen und Sturm gefahren sind. Als Mankichi uns sah, so erzählte er uns später, dachte er: Besucher, die bei so einem unglaublichen Regen zu mir kommen, möchte ich willkommen heißen, denn es wird sich eine besondere Beziehung daraus ergeben.

Das Schriftzeichen auf der Packung ist wieder, wie zum Beispiel auch beim Hon-Yuu auf jeder Packung handgeschrieben sodass jede Ryō Packung einzigartig gestaltet ist.

Ernte und Verarbeitung

Am 22. März haben Keita, Mankichi und ihr Team begonnen ihre Teesträucher zu beschatten. Am 29. März startete dann mit der Strauchvarietät Kuritawase die Shincha-Ernte. Kuritawase ist eine Varietät, die speziell für die südlichen Inseln gezüchtet wurde. Sie beginnt sehr früh mit dem Wachstum, was für die Tees von Yakushima ein echter Qualitätsvorteil ist. Die Pflanzen fangen früh mit dem Wachstum an, können langsam wachsen, was für den Geschmack des Grüntees sehr gut ist und es droht ihnen wegen des milden Klimas auf Yakushima nicht die Gefahr von Nachtfrösten.

Beschattung der Teebüsche im Teegarten von Mankichi und Keita Watanabe 22.März 2021
Beschattung der Teebüsche im Teegarten von Mankichi und Keita Watanabe 22. März 2021

Am 6. April folgte die Ernte der Asatsuyu-Sträucher. Diese Varietät ist ebenfalls früh, aber eben doch mit einer Woche später noch einmal deutlich später wachsend, sodass man diese Varietät auch weiter nördlich, auf Kyushu und sogar auf Honshu findet.

Beide Varietäten konnten zu einem sehr guten Zeitpunkt geerntet werden. Das ist auf Yakushima nicht selbstverständlich denn immer wieder verhindert ein Großregen die Ernte. Da kommen Erinnerungen an unseren Besuch auf Yakushima im Jahr 2015 hoch, als wir den Plan hatten bei der Ernte dabei zu sein und der Regen einfach nicht aufhören wollte. Wer nachlesen möchte, findet die kompletten Artikel vom 9. April 2015 und 10. April 2015 hier.

Während die Ernte in Kumamoto (Sakura-No Shincha MOE) außergewöhnlich früh war, so ist sie auf Yakushima zwar auch früh ausgefallen, aber nicht außergewöhnlich. Im Teegarten von Mankichi und Keita Watanabe beginnt die Ernte üblicherweise in den ersten Tagen des Aprils, schon öfter haben sie bereits Ende März mit der Ernte begonnen.

Nach Abschluss der Ernte dieser beiden Sorten haben Keita und Mankichi die Rohtees verkostet und entschieden, dass der diesjährige Shincha aus diesen beiden Varietäten bestehen soll. Direkt am nächsten Tag haben sie den Blend erstellt, den Tee sortiert und den Teil für den Watanabe Kabuse Shincha sanft final erhitzt. Die Hi-ire ist relativ schwach, sodass die Frische des Shincha sehr schön erhalten geblieben ist.

Der Ryō ist in Bezug auf die finale Erhitzung natürlich ein Aracha, Watanabes haben aber trotzdem sortiert, sodass, eigentlich untypisch für Aracha, keine Stängel (Kuki) im Tee zu finden sind.

Verkostung

Ryō Watanabe Aracha Shincha

Und nun zum Greifbaren: Der Ryō präsentiert sich vom trockenen Blatt her, wie für Aracha typisch eher zurückhaltend. Auffällig sind vor allem die schönen tief-grünen Blätter. Am trockenen Blatt kann man schon erkennen, dass der Tee etwas tiefer gedämpft ist. Wir würden ihn aber immer noch als chumushi (mittel-tief gedämpft) einstufen. In der Verkostung haben wir drei verschiedene Möglichkieten probiert:

  • Aufguss wie beim Kabuse Shincha mit etwa 60-65°C und einer Ziehzeit von etwa 1 Minute
  • 75°C bei einer Ziehzeit von etwa 30 Sekunden
  • 90°C bei einer Ziehzeit von knapp 30 Sekunden

Am besten gefallen haben uns die 60°C und die 90°C Variante. Bei beiden kommt das Aroma sehr schön heraus. Im ersten Aufguss schmecken wir eine runde Ausgewogenheit, ein sanftes Umami, das erahnen lässt, welches Potenzial in diesem Tee steckt und zarte Holznoten, die den süßen Duft, der langsam in der Nase wahrzunehmen ist, einrahmen.  Der zweite Aufguss ist etwas voller, üppiger, das Umami ist deutlich präsenter und wir nehmen eine leichte aber niemals aufdringliche Adstringenz wahr. Besonders hat uns der süße Nachklang begeistert, der noch über eine Stunde nach der Verkostung wahrnehmbar war.

Watanabe Kabuse Shincha

Der Watanabe Kabuse Shincha 2021 begeistert durch eine wirklich perfekte finale Erhitzung, die das Umami voll zu Geltung gebracht hat ohne ihm die Frische zu nehmen. Der Tee strotzt vor üppigem umami, ist dicht und voll. Er duftet wunderbar süß und dieser Duft bleibt lange noch in der Nase.

Mariko und Keita Watanabe präsentieren stolz die Auszeichnung für nachhaltige und zukunftsfähige Landwirtschaft
Mariko und Keita Watanabe präsentieren stolz die Auszeichnung ihres Teegartens für nachhaltige und zukunftsfähige Landwirtschaft