Heute geht es für uns mit dem Zug weiter auf der malerischen Strecke von Kagoshima durch das Kirishima Gebirge hindurch bis nach Miyazaki. Dort treten wir heute eine Reise in die Vergangenheit an – Kamairicha-Herstellung wie vor 100 Jahren.
Yusuke Kadota holt uns vom Bahnhof ab. Unterwegs berichtet er uns, dass sie in diesem Jahr sehr viele Besucher haben. In der Golden Week sind einige Teeladenbesitzer mit ihren Mitarbeitern zum Teegarten gekommen um neben der Besichtigung der traditionellen Teeproduktion auch ein bisschen mitzuhelfen. Yusuke freut sich über das große Interesse an ihrer Arbeit auch wenn die Betreuung der Besucher auch noch zu ihrer eigentlichen Arbeit hinzukommt.
Wir fragen nach Frostschäden im Teegarten, weil dies bei Shutaro etwas weiter südlich dieses Jahr ein großes Problem war – insbesondere bei den Feldern, die keine Ventilatoren hatten. Bei den Kadotas gibt es auch keinerlei Ventilatoren, jedoch aus anderen Gründen. Yusuke beschreibt, dass es für ihn ein Ideal ist, so wenig wie möglich in die Natur einzugreifen. Das ist für die Familie Kadota auch die Motivation Bio-Tee herzustellen – möglichst natürlich und ohne zu viel Intervention des Menschen. Er beschreibt es so schön, dass es nicht gut ist, wenn alles nur zum Nutzen der Menschen beeinflusst wird. Da aber Ernteausfälle auch für sie ein großes Risiko darstellen, hat er andere Wege gefunden. Sie haben beobachtet, dass diese Frostnächste mit dem Mond zusammenhängen und planen so im Voraus mithilfe des Mondkalenders. Sie haben beobachtet, dass es in der Woche nach Vollmond oftmals Frostnächte gibt. Je nachdem wann sie den Formschnitt ansetzen, können sie das Austreiben und Wachstum der Pflanzen ein wenig beeinflussen, sodass die Pflanzen zu dieser Zeit noch nicht zu weit ausgetrieben sind. Der Formschnitt findet in den meisten Gärten vor dem Austreiben der ersten Knospen statt. Diesen Formschnitt später zu machen, wenn möglicherweise schon die ersten Knospen da sind, ist für die meisten Teegärten eher ungünstig. Beim Verkauf über die Teebörse entscheidet nämlich auch das Timing über den Preis. Die frühen Tees werden zu einem höheren Preis gehandelt, auch wenn spätere Partien möglicherweise qualitativ besser sind. Die Ernte etwas hinauszuzögern macht für meisten Gärten keinen Sinn. Kadotas haben ohnehin in ihrem Teegarten eher späte Sorten und liefern auch nicht an die Teebörse. Da die Partien auch immer sehr klein sind, würde das auch gar nicht zum Betrieb passen.
Natürlich kann es, trotz Planung zu einem Frostschaden kommen. Da sind die Kadotas experimentierfreudig. Vor zwei Jahren haben sie die noch frischen Triebe, die Frost bekommen haben, direkt nach der Frostnacht geerntet. Weitergewachsen wären die Triebe nicht mehr, sondern in den nächsten Tagen verwelkt und abgefallen. Für die Grünteeproduktion eignen sie sie nicht, aber Schwarztee haben sie daraus hergestellt – ein unglaublich süßer fruchtiger Schwarztee ist dabei entstanden, der im Geruch fast an japanische Pflaumen erinnert.
In diesem Jahr gab es zum Glück nicht so viele Schäden durch Frost. Bei dem Zairai Feld, unweit der Teefabrik gibt es ein paar Stellen, aber insgesamt ist das wohl nicht so dramatisch. Wir erinnern uns an die Ernte vor zwei Jahren, als praktisch die komplette erste Ernte mit Ausnahme der Arasaki Parzelle vom Frost vernichtet wurde.
Als wir in die Teefabrik hereinkommen strömt uns ein wohliger süßer Duft entgegen. Die ersten Produktionsschritte der Erhitzung und des Rollens sind für heute schon abgeschlossen, die Kamas sind aber alle noch mit Tee gefüllt. Hier kann man die Veränderung des Geruchs ganz wunderbar erleben. Wenn die Teeblätter zuerst in die Kama kommen, riechen sie noch eher blumig, grasig – ist dieser Produktionsschritt abgeschlossen verbreitet sich ein süßer Geruch in der ganzen Teefabrik. Wir wollen gar nicht mehr weg so toll riecht das.
Vor wenigen Tagen sind Kadotas auch mit der Herstellung unseres Kadota Aracha Shinchas fertig geworden. Wir probieren ihn zuerst als Mizudashi, also mit Kaltem Wasser aufgegossen und sind da schon sehr begeistert. Ein wohliger, blumiger Duft breitet sich im Mund und Rachen aus, gepaart mit ganz leichter Adstringenz, ohne aber den Mund zu sehr zu belegen. Ansonsten wirkt der Aracha Shincha auch mit heißem Wasser aufgegossen mild, angenehm süßlich und sehr ausgewogen. Auch die Aufgussfarbe ist wunderschön klar und grün. Bei der Frage, ob die Möglichkeit besteht, vielleicht über unsere Vorbestellung hinaus etwas mehr von dem Tee zu bekommen, entschuldigt sich Yusuke Kadota dafür, dass er leider nur diese Menge für uns reserviert hat. Sie haben mittlerweile so viele Reservierungen, dass es manchmal schwierig ist, alle einzuhalten. Wir sind froh immerhin unsere Vorbestellung zu bekommen und diesen einmaligen Schatz mit den Teemenschen in Europa zu teilen.