Heute sind wir etwas später dran, da wir uns am Nachmittag auf den Weg Richtung Kirishima machen werden, und daher schnell noch die Koffer packen müssen. Es fällt uns schwer die traumhaft schöne Gegend um Familie Watanabes Teegarten zu verlassen. Nachdem wir fertig gepackt haben fahren wir aber noch einmal zum Teegarten – aus einem sehr guten Grund: Heute ist bei Familie Watanabe bereits der erste Tag der ersten Ernte!
So früh haben wir noch nie eine erste Ernte in Japan miterlebt, und das ist auch wirklich eine ganz schöne Besonderheit bei Familie Watanabe. Bei strahlendem Sonnenschein und über 25 Grad erreichen wir die Teefelder. Die ersten Büsche der sehr frühen Varietät Kuritawase sind schon geerntet. Uns fällt sofort auf, dass Familie Watanabe extrem fein erntet. Der Anspruch von Mankichi Watanabe an seine Tees ist sehr hoch, und seit er mit uns und unseren Kunden miterlebt – auch er kennt die Fotos vom Watanabe-Genmaicha-Event in Paris – auf welche Begeisterung seine Tees in Deutschland und Frankreich stoßen, hat er dieses Jahr noch länger als üblich beschattet, und noch feiner geerntet.
Nachdem wir ein paar Fotos gemacht haben, kommt Frau Goto zu uns, drückt uns drei Teesäcke in die Hand, und bittet uns, einige Teile von insgesamt vier Teestrauch-Reihen mit der Hand zu ernten. Der Teegarten ist an der Stelle sehr uneben, sodass nicht mit der Maschine geerntet werden kann. Klar helfen wir gern mit.
Wieder einmal merken wir wie viel Arbeit es macht mit der Hand zu ernten. Als wir die gerade mal zu einem Fünftel gefüllten Säcke nach einer Stunde Pflücken in der Verarbeitungsanlage ausleeren, bemerken wir, dass die Maschine ebenso fein wie wir mit der Hand-Pflückung, wenn nicht sogar akkurater geerntet hat. Auch wenn man die Zeit berücksichtigt, die wir für die Rohblattmenge für etwa 200g fertigen Tee zu dritt gebraucht haben, wird schnell klar, dass es schwer ist, die Frische der Blätter zu bewahren, wenn man ein ganzes Feld per Hand ernten müsste. Auf den Feldern ist es nämlich ganz schön heiß. Normalerweise werden die frisch geernteten Blätter direkt in die nahegelegene Verarbeitungsanlage gebracht und dort unter Kühlung aufbewahrt bis sie dann gedämpft, getrocknet und zu Nadeln gerollt werden. Das geht natürlich nur dann, wenn die Ernte schnell verläuft, was ein gewaltiger Vorteil der Ernte per Maschine ist. Das ganze muss immer sehr schnell gehen, damit die Blätter ihre Frische bewahren. Bei der Herstellung von schwarzem Tee ist das natürlich etwas anderes. Beim Schwarztee gehört die Welke ja zur Verarbeitung mit dazu.
Für die Pause hat uns Frau Goto Onigiri aus Bio-Vollkornreis gemacht. Mit Yumi, einer der Erntehelferinnen, sitzen wir zusammen, essen und trinken Tee zur Stärkung. Sie lernt etwas Deutsch und so wird Dietmar gleich eingespannt ihre Vokabeln für eine Aufnahme zu sprechen.
Danach geht’s gleich wieder zurück ins Tee-Feld und wir ernten noch die letzten frischen Bltttriebe der Kuritawase-Sträucher. Währenddessen ist die Verarbeitung in vollem Gange. Mankichi Watanabe arbeitet den ganzen Tag in der Verarbeitung, prüft in jedem Schritt die Teequalität. Kurz vor unserer Abfahrt dürfen wir den frisch produzierten Tee aus Kuritawase-Sträuchern trinken. Es ist phantastisch, wie Mankichi es geschafft hat, den Duft, den wir beim Ernten auf dem Feld in der Nase hatten, einzufangen. Diesen intensiven blumigen, fruchtigen Duft können wir so deutlich herausschmecken, dass man fast das Gefühl hat immer noch bei der Ernte im Teegarten zu sein. Wir sind begeistert.
Am späten Nachmittag machen wir uns nun auf den Weg erst einmal zurück nach Kagoshima Stadt. Morgen fahren wir dann nach Kirishima – im Gepack haben wir eine kleine Kostprobe von der Kuritawase.