Nachdem es gestern Abend regnete, während wir von Mankichi Watanabe zurück ins Hotel gebracht wurde, werden wir heute wieder sehr früh – vor unserem Wecker – vom Licht der Sonne geweckt. Heute holt uns Mankichi Watanabe im Hotel ab und nimmt uns mit zu seinem Teegarten. Dort angekommen herrscht schon reger Betrieb. Die Teeverarbeitungsanlage wird schon vorbereitet für die sehr bald beginnende Erntesaison.
Wir haben uns für heute einiges vorgenommen: Endlich wollen wir ein Foto der beiden Watanabes zusammen mit Frau Goto, zu der wir weiter unten noch mehr schreiben, und den Erntehelfern machen. Danach hoffen wir noch Zeit mit Mankichi Watanabe, der schon im Erste-Ernte-Vorbereitungsfieber ist, zu finden, um unsere Vorbestellungen mit ihm durchgehen. Etwas, worauf wir uns allerdings schon länger freuen, ist, dass uns Frau Watanabe heute noch zeigen will, wie genau der Dämpfungs- und Röstungsprozess des Reises für den Watanabe Genmaicha durchgeführt wird.
Vormittags wird es richtig warm – perfektes T-Shirt-Wetter. Zugleich ist es aber noch recht feucht von der letzten Nacht. Es bietet sich uns eine ideale Kulisse für unser Teamfoto. Diese Farben!
In der vorderen Reihe seht ihr die Erntehelfer, die alle etwa in unserem Alter sind. Sie halten die Felder frei von Beikräutern und kümmern sich um die Beschattung der Teesträucher für den Watanabe Tokujou Kabusecha. In der hinteren Reihe seht ihr Herrn Watanabe und seine Frau, daneben Frau Goto und mit ihren Mann.
Mitte der 80er Jahre gründete Mankichi Watanabe zusammen mit zwei Freunden den Teegarten. Die drei Freunde kauften damals eine etwa 12 ha große Landfläche, die vollständig bewaldet war. In jährlichen Schritten von einem halben bis einem Hektar machten sie das Land urbar, und begannen damit Teepflanzen von verschiedenen Varietäten anzupflanzen, bis etwa 6,5 ha angelegt waren. Die restliche Fläche, fast die Hälfte des Grundstücks, besteht bis zum heutigen Tage vor allem aus Wald. Nach einigen Jahren schied einer der Gründer aus, um eine andere Arbeit zu beginne, und der zweite der drei Freunde verstarb, sodass Herr Watanabe den Teegarten zunächst allein mit seiner Frau und einigen Helfern weiter aufbaute.
Anfang der 90er Jahre begann Frau Goto im Teegarten der Watanabes mitzuarbeiten. Sie hatte in dieser Zeit ein Buch gelesen, dass sie sehr zum Nachdenken anregte. Darin ging es um die Zubereitung von traditionellen Lebensmitteln, die damals bereits in Japan fast ausschließlich in verarbeiteter Form angeboten wurden. Das führte sie dazu auch über die Inhaltsstoffe von verarbeiteten Lebensmitteln nachzudenken, und ebenso über Lebensmittel-Zusatzstoffe, die in Japan in erschreckend hohem Umfang eingesetzt werden. Darüber kam sie mit der Bio-Szene in Berührung und setzte mit Ihren Überlegungen den Grundstein dafür, dass auch der Teegarten von Familie Watanabe, in dem sie bis heute arbeitet, auf ökologischen Tee-Anbau umgestellt wurde.
(von links: Frau Watanabe, unsere Assistentin Yoko und Frau Goto)
Für Mankichi Watanabe war das kein so großer Schritt. Er war nie ein wirklicher Verfechter von Pestiziden und setzte diese in den Anfängen des Teegartens auch nur sehr sparsam ein, wie er uns heute berichtete. Er ist der erste Teegartenbesitzer, den wir kennengelernt haben, für den die Umstellung auf Bio-Anbau sehr unkompliziert verlaufen ist. Dies liegt aber vielleicht auch daran, dass der Teegarten zur Zeit der Umstellung noch sehr jung war. Seit über 20 Jahren stellen die Watanabes nun schon Bio-Grüntee her. In den Anfängen verarbeiteten sie die frischen Teeblätter in einer Verarbeitungsfabrik der landwirtschaftlichen Genossenschaft nicht allzu weit entfernt vom Teegarten. Seit 1993 haben sie eine eigene Verarbeitungsanlage mit vergleichsweise kleinen Maschinen, und können von der Vorverarbeitung über das Sortieren bis hin zur finalen Erhitzung alle Schritte auf den eigenen Anlagen und komplett nach den eigenen Vorstellungen durchführen.
Nach dem Mittagessen zeigen uns die Watanabes, wie sie den Reis für den Watanabe Genmaicha rösten. Lange hatten wir keinen Genmaicha im Angebot, weil wir einerseits den Geschmack nicht so mochten, und abgesehen davon auch die Intransparenz bei der Beschaffung des Reises und der Herstellung uns immer wieder abgeschreckt hat. Bei den Watanabes gibt es beide Probleme nicht. Für uns ist es der erste Genmaicha, den wir wirklich gerne trinken. Denn zum Glück beziehen die Watanabes den rohen, trockenen Reis für ihren Genmaicha von einem Zusammenschluss von Bio-Reisbauern aus Kumamoto. Die Weiterverarbeitung übernehmen sie komplett selbst. Zunächst wird der Reis gewaschen und verbleibt für etwa eine halbe Stunde im kalten Wasser. Anschließend wird der Reis für etwa 10 bis 15 Minuten gedämpft und anschließend in Holzkästen an der Luft getrocknet. Danach werden die etwas gequollenen, nun aber wieder äußerlich trockenen Reiskörner schonend bei niedriger Hitzezufuhr geröstet bis sie goldgelb bis hellbraun werden. Da die Herstellung sehr zeitaufwendig ist, machen die Watanabes immer nur kleine Mengen zwischendurch. Für unsere Genmaicha-Bestellung wurde nun schon in Februar und März Schritt für Schritt der Reis vorbereitet, denn sobald die Tee-Ernte beginnt, reicht die Zeit dafür nicht mehr, bis die dritte Ernte abgeschlossen ist.
Am Abend gehen wir noch ein bisschen spazieren, und finden ein wunderschönes Felsenareal an der Küste, wo wir uns niederlassen und die Abendstimmung genießen.