Heute blinkt mein Kalender auf: Fahrt nach Yakushima und Besuch bei Mankichi und Keita Watanabe. Doch statt den Mejiros am Rande des Teegartens von Familie Watanabe auf der atemberaubenden Insel Yakushima zu lauschen, höre ich bei offenem Fenster Amseln, Spatzen und Ringeltauben auf dem Hof hinter unserem Büro in Frankfurt.

Für dieses Jahr hatten wir geplant etwas mehr Zeit auf Yakushima zu verbringen, nachdem die Besuche in den letzten beiden Jahren zwar wunderschön, aber doch auch mit Hektik verbunden waren, sodass es schwer war, sich ganz auf diese besondere Stimmung einzulassen, mit einem halben Blick auf der Uhr um bloß nicht die Fähre zurück zu verpassen. Nun verschiebt sich die Reise erstmal für einige Zeit.

Auf Yakushima geht die Ernte immer sehr früh los. Das liegt an der Lage südlich der japanischen Hauptinseln. Durch eine besondere Meeresströmung gelangt immer wieder sehr feuchte, milde Luft  zur Insel, sodass es häufig regnet, die Temperaturen aber vergleichsweise mild sind. Im letzten Jahr hatten wir sehr großes Glück, weil wir einen sonnigen warmen, fast untypisch-schönen  Frühlingstag für unseren Besuch erwischt hatten. Da haben wir uns zwischen den Teereihen niedergelassen und uns bei leckerem Tee den ersten Sonnenbrand des Jahres geholt.

Keita Watanabe berichtet uns in diesem Jahr, dass es obwohl der Winter außergewöhnlich warm war, im März und April wiederum ungewöhnlich kühl war, sodass die früh austreibenden Strauchsorten nur wenige Triebe angesetzt haben. Die Erntemenge ist aus diesem Grund nur bei etwa der Hälfte im Vergleich zum letzten Jahr. Gleichzeitig sind die Triebe danach nur langsam gewachsen, wodurch der Geschmack sehr dicht ist. Während der Erntezeit hat es in diesem Jahr nur wenig geregnet, sodass jeweils zum perfekten Zeitpunkt für die jeweiligen Strauchsorte geerntet werden konnte.

Begonnen haben Watanabes wieder mit ihrer frühesten Strauchsorte Kuritawase. Der erste Erntetag war in diesem Jahr der 5. April 2020.  Die Kuritawase ist eine spezielle Züchtung, die ein Herr Kurita für die südlichen japanischen Inseln gezüchtet hat. Diese Sorte beginnt sehr früh mit dem Wachstum. In anderen Regionen weiter nördlich würde hier die Gefahr von Frostschäden im Frühjahr, den Anbau unmöglich machen. Da es auf Yakushima praktisch keine Frostprobleme gibt, ist diese Sorte wirklich perfekt für diesen Standort. Einen Tag später am 6.April wurde dann die Strauchvarietät Asatsuyu geerntet. In diesem Jahr lag der Erntezeitpunkt der Sae Midori außergewöhnlich spät. Manchmal ist sie noch vor den Asatsuyu-Sträuchern erntereif, in diesem Jahr erst 5 Tage nach der Varietät Asatsuyu. Um eine schöne Aufgussfarbe zu erhalten, haben Watanabes ihre Kabuse-Sorten in diesem Jahr zwei Wochen, statt den sonst üblichen 7 bis 10 Tagen beschattet. Bei der Verarbeitung hat Mankichi Watanabe dann besonders auf den Duft der Tees geachtet und so strömen einem nun edle Fruchtnoten, die an frischen Pfirsich erinnern beim Öffnen der Packung des Watanabe Kabuse Shincha entgegen.

Noch bevor der Watanabe Kabuse Shincha versandfertig war, hat sich Keita Watanabe auch noch einem neuen Projekt zuwenden können: Seit ein paar Jahren testet er im kleinen Rahmen neue Teesorten herzustellen. In den letzten Jahren ist dabei der Keita-no-Koucha, ein duftiger Schwarztee von der ersten Ernte entstanden. In diesem Jahr wird es noch eine neue Überraschung geben. Ihr könnt gespannt sein.