KATO Juunidai und Shutaro Hayashi während der Ausstellung in Paris
KATO Juunidai und Shutaro Hayashi während der Ausstellung in Paris

Es ist bereits mehr als ein Jahrtausend vergangen, seit die ersten Samen von Teesträuchern von buddhistischen Mönchen nach Japan gebracht wurden. Zu dieser Zeit kam auch die Kultur des Teeanbaus und des Teetrinkens nach Japan. Die Kultur des Tees wurde zu einer wichtigen Inspirationsquelle für verschiedene Bereiche der Kunst.

Auch die Kunst der japanischen Keramik, die bereits in der Jomon-Zeit (ungefähr von 11.000 v. Chr. bis 300 v. Chr.) entstand, wurde seit diesem Zeitpunkt von der Kultur des Tees inspiriert. Keramische Objekte für die Zubereitung und für das Trinken von Tee wurden nun zu einem wichtigen Thema. Keramische Kunstobjekte werden seit dem Aufblühen des japanischen Wegs des Tees [Teezeremonie, chado] insbesondere hierfür geschaffen.

In der Nähe von Orten, an denen Tee angebaut wurde oder an denen die Kultur des Tees gepflegt wurde, entstanden bald darauf Schaffungsstätten für Keramiker. Die Familien von KATO Juunidai und Shutaro Hayashi, entstammen solcher historischer Orte.

Teekanne [shiboridashi kyusu], Teeschälchen [yunomi] und Matchaschale [chawan] von KATO Juunidai bei einer Ausstellung 2018
Teekanne [shiboridashi kyusu], Teeschälchen [yunomi] und Matchaschale [chawan] von KATO Juunidai bei einer Ausstellung 2018
Im Zeitraum von 1319 bis 1320 wurden die ersten Samen von Teesträuchern aus der Nähe von Kyoto [Uji] in die Gegend von Kirishima gebracht. Für damalige Verhältnisse war dies ein weiter Weg. Während Uji in der Nähe der alten Hauptstadt Kyoto auf der Hauptinsel [Honshu] liegt, befindet sich das Teeanbaugebiet Kirishima ganz im Süden Japans [Kyushu].

Mehrere Orte, an denen hochrangige Samurai oder Adlige ihren Sitz hatten, entwickelten sich zu Wiegen des japanischen Wegs des Tees [Teezeremonie, chado]. Dazu gehört nicht nur die alte Hauptstand Kyoto, sondern auch Orte wie das Schloss von Nagoya und die Stadt Sakai. Keramikorte wie Seto wurden zu wichtigen Schaffungsstädten.

 

Orte wie Seto mit besonderer Tonerde als Geburtsstätte geschichtsträchtiger Keramik

Mit einer Tonerde, die so rein ist, dass sie in unverändertem Zustand direkt für keramische Werke verwendet werden kann, blickt die Gegend um Seto auf eine nunmehr 1.000-jährige Geschichte der Schaffung von Keramiken zurück. Der Ort gehört zu den sechs historischen Schaffungsstätten für Keramik [Rokkoyo, sechs alte Brennstätten] in Japan. Bereits im 13. Jahrhundert entstand dort die für Seto typische Keramik, nämlich mit Eisenoxid glasierte Temmoku Schalen [Tenmoku chawan, Temmoku Matchaschalen]. Diese Keramik, die besonders auch in der Kamakura-Zeit produziert wurde, wird heutzutage als „alte Seto Keramik [Ko-Seto] bezeichnet.

Temmoku Matchaschale mit Ko-Seto-Glasur [Ko-Seto Tenmoku chawan] von KATO Juunidai [KATO Hiroshige], der 12. Generation der Keramikerfamilie KATO
Temmoku Matchaschale mit Ko-Seto-Glasur [Ko-Seto Tenmoku chawan] von KATO Juunidai [KATO Hiroshige], der 12. Generation der Keramikerfamilie KATO
In Zeiten des Krieges jedoch flohen viele Keramikerfamilien in die Keramikerorte Mino und Owari. In Mino wurde damals mit der Herstellung der bekannten keramischen Stile „Shino“ und „Oribe“ begonnen. Unter dem Schutz der einflussreichen Tokugawa Familie jedoch kamen mehrere Keramikerfamilien im 17. Jahrhundert zurück in die Gegend von Seto. Das Wissen über die in Mino gefertigten Stilrichtungen brachten sie so mit zurück nach Seto.

Drei Matchaschalen [chawan] von KATO Juunidai [KATO Hiroshige], von links nach rechts: Shino, Kuro-Seto, Aka-Raku
Drei Matchaschalen [chawan] von KATO Juunidai [KATO Hiroshige], von links nach rechts: Shino, Kuro-Seto, Aka-Raku
Die ersten Generationen der Keramikerfamilie KATO erhielten damals bereits Aufträge vom Tokugawa Shogun. Neben anderen Keramiken für den Weg des Tees [chado, Teezeremonie] wurden so Matchaschalen [chawan] für den Sitz der Tokugawa-Familie im Schloss von Nagoya gefertigt.

 

Das Keramikatelier KATO mit einer Geschichte von der Tokugawa-Zeit bis heute

Die Erbfolge des heutigen Keramik-Ateliers von KATO Juunidai [KATO Hiroshige] geht als einziges Atelier in Seto bis in diese Zeit zurück. Der damalige Keramik-Meister Hikokuro entfernte sich im Jahre 1656 von den anderen Keramikerfamilien, die vom Tokugawa-Shogun geschützt wurden. So gründete er in jenem Jahr die Schaffungsstätte der heutigen Familie KATO. Nun bestaunen wir die Werke von KATO Juunidai [KATO Hiroshige], der zur zwölften Generation der Familie zählt.

 

Der dreistufige Schaffensprozess von keramischen Werken

KATO Juunidai [KATO Hiroshige] beschreibt den Schaffensprozess keramischer Werke dreistufig: Der erste Schritt besteht in der Auswahl der Materialien. Dazu gehört die Auswahl der Tonerde, als auch die Auswahl der Materialien für die Glasuren. Der zweite Schritt besteht in der Formgebung, und der letzte Schritt besteht im Brand. Bei jedem der drei Schritte sieht KATO Juunidai jeweils sehr unterschiedliche Aspekte im Vordergrund.

Beim ersten Schritt, nämlich der Auswahl des Tons und der Materialien für die Glasuren, steht die natürliche Umgebung des Keramikers im Vordergrund. Dies ist die Sichtweise, wie KATO Juunidai sie von seinem Großvater KATO Juudai [KATO Senzaemon] übernommen hat. Wie es in der Tradition der Keramikerfamilie KATO seit der Tokugawa-Zeit von Generation zu Generation weitergegeben wurde, legt KATO Juunidai stets Wert darauf, dass alle Materialien aus der Natur stammen. Zur Generation seines Großvaters war es noch selbstverständlich, dass dies so ist.

Jedoch ist es heutzutage bei vielen Keramikern üblich geworden, fertige Glasuren und Tonerden ganz unkompliziert von einem Hersteller zu bestellen und sich zuschicken lassen. KATO hat sich allerdings bewusst dafür entschieden, nicht diesen Weg zu wählen, sondern der Tradition seiner Familie zu folgen. Das bedeutet für ihn, dass er die unterschiedlichen Varianten an Tonerde und Glasurbestandteilen selbst aus dem Boden von verschiedenen Bergen und Hügeln in seiner natürlichen Umgebung holt.

Wie bereits im Zusammenhang mit der Geschichte des Keramikerortes Seto erwähnt, sind die dort vorzufindenden Erden so rein, dass sie direkt so für die Anfertigung der keramischen Werke verwendet werden können. Dabei verwendet KATO die unterschiedlichen Erden seiner Region für viele seiner Werke ohne sie miteinander zu mischen. Doch auch die Mischung bestimmter Erden setzt er für manche Stilrichtungen seiner Werke gezielt ein.

Ebenso wie die Tonerden, stammen auch alle Rohstoffe für die Glasuren von KATO Juunidai aus seiner direkten Umgebung. Eine wichtige Rolle spielen dabei unter anderem eisenhaltige Erden, die für die traditionelle „Ko-Seto-Glasur“ Verwendung finden. Je nach anderen Bestandteilen in der Glasur, und je nach Brand variieren die Facetten der sich daraus ergebenden Glasurfarben jedoch deutlich. So ergeben sich beispielsweise matt-grau-braune Glasuren bis hin zu hochglänzenden schwarzen Glasuren. Zudem entstehen auch rote Glasuren unter der Verwendung von eisenhaltigen Erden. Dazu gehört die Glasur der Stilrichtung „Tetsu-Aka“, was direkt übersetzt „Eisen-Rot“ bedeutet.

Temmoku Matchaschale mit Ko-Seto-Glasur [Ko-Seto Tenmoku chawan] von KATO Juunidai [KATO Hiroshige], der 12. Generation der Keramikerfamilie KATO Temmoku Chawan von KATO Juudai versus Temmoku Chawan von KATO Juunidai, beide mit Ko-Seto-Glasur)

Temmoku Chawan von KATO Juudai versus Temmoku Chawan von KATO Juunidai, beide mit Ko-Seto-Glasur)

 

Im Gegensatz zum ersten Schritt, der von der natürlichen Umgebung des Künstlers geprägt ist, hängt der zweite Schritt vom Künstler selbst ab. Eine wichtige Entscheidung bei der Formgebung besteht zunächst darin, ob ein Werk auf der Töpferscheibe gedreht wird, oder ob es mit den Händen geformt wird. Natürlich können beide Vorgehensweisen der Formgebung auch miteinander kombiniert werden. Beispielsweise kann eine Matchaschale [chawan] zunächst auf der Töpferscheibe gedreht werden, und dann mit den Händen deformiert werden. Zudem können weitere Verfahren hinzukommen. Dazu gehört unter anderem reduktives Arbeiten mit diversen Werkzeugen wie Messer oder Spatel, die zum gezielten und akkuraten Abtragen des Tons direkt am Objekt verwendet werden.

Unabhängig davon welche Arten der Formgebung der Keramiker wählt oder miteinander kombiniert, hängt die Formgebung im Wesentlichen vom handwerklichen Können des Künstlers ab. Die Natur spielt dabei nur in einem gewissen Rahmen eine Rolle. Ein gewisser Einflussfaktor der Natur besteht beispielsweise darin wie kompliziert oder einfach die jeweilige aus der Natur gewonnene Tonerde sich verarbeiten lässt. Ähnlich wie bei der Formgebung kann man auch bezüglich des Glasurauftrags sagen, dass hier das Können und die Erfahrung des Künstlers im Mittelpunkt stehen.

 

Unterschiedliche Formgebungen von Matchaschalen [chawan] im Vergleich: Ofuke von KATO Juudai, Doukei Chawan von KATO Juudai, Tetsu-Aka von KATO Juunidai)

 

Während bei der Auswahl der Tonerde und der Materialen für die Glasuren die natürliche Umgebung aus Sicht von KATO Juunidai [KATO Hiroshige] das wichtigste Kriterium darstellt, spielt wie bereits genau erläutert bei der Formgebung und beim Glasurauftrag das Können des Künstlers die entscheidende Rolle. Jedoch, beim letzten Schritt, nämlich beim Brand im Ofen [kama], kommt ein ganz anderer Faktor zum Tragen: Der Zufall. Selbstverständlich obliegt es dem Keramiker vor dem Brennen der Werke seinen Ofen entsprechend einzurichten und während dem Brennen den Temperaturverlauf wie gewünscht zu steuern.

Jedoch gibt es während des Brennens eine ganze Reihe von Faktoren, die je nach Art des Ofens, je nach Art des Brennverfahren und je nach Verwendung anderer Hilfsmittel dennoch niemals gänzlich kontrolliert werden können. Ein gutes Beispiel dafür ist unter anderem die genaue Platzierung des jeweiligen Werkes im Ofen. Je nach Entfernung und Ausrichtung zur Hitzequelle entwickeln sich die natürlichen Glasuren nämlich sehr unterschiedlich. Zu schwarzen Tönen können sich rötliche Nuancen gesellen. Matte grau-schwarze Töne können zu hochglänzenden tiefschwarzen Tönen werden. Zudem können die Glasuren mehr oder weniger stark verlaufen, und mehr oder weniger deutliche (gewünschte) Risse können zum Vorschein kommen. Hierbei spielt auch die Interaktion der Glasur mit dem Ton während des Brennvorgangs eine entscheidende Rolle.

Matchaschale [chawan] im Ofuke-Stil, hohe Form [kousou] angefertigt von KATO Juunidai im Jahr 2019 – Serie von 25 Exemplaren
Matchaschale [chawan] im Ofuke-Stil, hohe Form [kousou] angefertigt von KATO Juunidai im Jahr 2019 – Serie von 25 Exemplaren
Ob die perfekte Schönheit eines Werkes beim Brand im Ofen so entsteht wie gewünscht, unterliegt also zu einem gewissen Grad dem Zufall. Oder auch ob etwas Neues passiert, das der Künstler nicht vorhersehen konnte, gehört zu den Dingen, die nicht im Detail bestimmt werden können. KATO Juunidai drückt dies sehr anschaulich aus: „Sind die Keramiken erst einmal im Ofen platziert, ist es das Beste die Hände zu falten und ein Gebet zu sprechen!“

 

Der Bezug zur Umgebung und zur Tradition als Kernelement im Schaffensprozess

Ähnlich wie bei der Keramikerfamilie KATO spielt sowohl der Bezug zur natürlichen Umgebung als auch die Pflege von bestimmten Familientraditionen eine wichtige Rolle bei Shutaro Hayashi. Zur Zeit als Shutaros Ururgroßvater Kisuke Hayashi 1897 den Teegarten gründete, verwendete er Samen von Teesträuchern, die er aus der fernen Präfektur Shizuoka nach Kirishima brachte. Wie oben erwähnt gab es in Kirishima bereits seit den Jahren 1219/1220 Teeanbau mit Sträuchern aus Samen, die aus der Region Uji bei Kyoto stammen. Shutaros Ururgroßvater Kisuke Hayashi jedoch gründete somit den ersten Teegarten in Kirishima, dessen Sträucher aus Samen aus der Präfektur Shizuoka gezogen wurden.

Shutaros Ururgroßvater Kisuke Hayashi – der Gründer des Kirishima Teegartens
Shutaros Ururgroßvater Kisuke Hayashi – der Gründer des Kirishima Teegartens

Der Beginn der Geschichte des Kirishima Teegartens von Familie Hayashi stellt somit in dieser Weise einen gewissen Bruch mit der bis dahin bestehenden Teeanbautradition in Kirishima dar. Ein Ergebnis davon ist, dass die Teesträucher von Familie Hayashi in Kirishima genetisch nicht mit den aus Samen gezogenen Teesträuchern anderer Gärten in Kirishima verwandt sind. Die aus Samen gezogenen Teesträucher [zairai-shu] des von Kisuke Hayashi 1897 gegründeten Teegartens sind daher in Kirishima einmalig.

 

Zairai als Symbol der Erhaltung der Tradition und neue Sträucher als Ausdrucksmöglichkeit des eigenen Stils

Auch in den folgenden beiden Generationen wurden von Shutaros Urgroßvater und Shutaros Großvater weitere aus Samen gezogene Teegartenparzellen angelegt. Diejenigen Teesorten, die Shutaro Hayashi heutzutage immer noch aus den Blättern der samengezogenen Sträucher herstellt, erntet er von diesen alten Sträuchern. Die jüngsten dieser Sträucher [zairai-shu] sind etwas mehr als 60 Jahre alt, während die ältesten bereits mehr als 100 Jahre alt sind. Shutaro verwendet die Blätter dieser Sträucher für eine ganze Reihe seiner Teesorten, wie den Miumori Kirishima Sencha, Asanagi Sencha, oder auch den Miyama Kirishima Sencha.

Ein historischer Anblick – Zairai-Teesträucher im Kirishima-Teegarten der Familie Hayashi
Ein historischer Anblick – Zairai-Teesträucher im Kirishima-Teegarten der Familie Hayashi

Die Herstellung von Tee aus diesen alten Sträuchern wurde also bis zum heutigen Tage bereits über fünf Generationen der Familie Hayashi bis zu Shutaro weitergegeben. Shutaro hat mittlerweile auch andere Teestrauchsorten angepflanzt, die er auf modernere Weise verarbeitet. Bei den alten Teesträuchern pflegt Shutaro weitestgehend den Verarbeitungsstil seines Vaters, den sein Vater vom Großvater lernte. In der ersten und zweiten Generation wurden die Teesträucher noch in Form einer trockenen Erhitzung verarbeitet [kamairi-cha].

 

Der Wechsel der Generationen im Zusammenspiel des Produktionsstils: Kamairicha und Sencha

In der dritten Generation der Familie Hayashi erfolgte dann die Einführung eines anderen Produktionsstils, nämlich der Dämpfung [sencha]. Damals wurde die Dämpfung allerdings sehr kurz und damit wenig intensiv durchgeführt [asa-mushi sencha]. Somit war das fertige Blatt trotz des Wechsels des Produktionsstils hinsichtlich vieler Kriterien dem trocken erhitzten Tee [kamairi-cha] recht ähnlich. Shutaro Hayashi pflegt bei der Verarbeitung der Blätter der alten Sträucher nach wie vor diesen Produktionsstil der leichten Dämpfung [asa-mushi]. Parallel geht Shutaro aber auch einer anderen Vorliebe nach: Bei den von seinem Vater und ihm neu angepflanzten Teesträuchern wie der Strauchsorte Asatsuyu, dämpft er intensiver [chu-mushi] bis [fuka-mushi]. Shutaro pflegt also die Tradition seiner Familie, entwickelt parallel aber auch neue Stilrichtungen.

Auch hinsichtlich des Verhältnisses zur Natur findet man bei Familie Hayashi Traditionen, die von Generation zu Generation weitergegeben werden. Zugleich findet man aber auch in diesem Verhältnis Veränderungen, die der Strömung der Zeit zuzurechnen sind. Als Shutaros Ururgroßvater Kisuke Hayashi den Teegarten gründete, war es noch nicht üblich Pestizide und von der Chemieindustrie hergestellte Düngemittel beim Teeanbau einzusetzen. Insofern könnte man sagen, dass es sich zu diesem Zeitpunkt Ende des 19. Jahrhunderts um einen Teegarten gehandelt hat, der auf natürliche Weise Tee anbaute.

Auch in der zweiten Generation der Familie Hayashi wurde der Teegarten in Kirishima auf diese Weise bewirtschaftet. Jedoch gab es in der dritten Generation einen größeren Umschwung, denn zu dieser Zeit wurde es in Japan üblich beim Teeanbau Pestizide und chemische Düngemittel zu verwenden. Allerdings entschied die vierte Generation, nämlich Shutaros Vater Osamu, kurze Zeit später bereits wieder zur ursprünglichen Tradition des Teeanbaus zurückzukehren. Dies ist die Form des biologischen Anbaus, wie sie Shutaro von seinem Vater Osamu gelernt hat, und bis zum heutigen Tage pflegt.

Shutaro übernimmt also in der fünften Generation die vom Vater entschiedene Rückkehr zur Tradition, aber optimiert die Methodik des biologischen Anbaus im Rahmen seiner Zielsetzung. Konkret bedeutet dies, dass Shutaro sich das Ziel gesetzt hat, auf natürlichem Wege Tees herzustellen, die zudem mit einem besonders intensiven Umami die Teeliebhaber begeistern. Auf natürlichem Wege ein besonderes Umami zu schaffen, also ein Umami im Einklang mit der Natur, ist ein hoch gestecktes Ziel.

In gleicher Weise wie KATO bei der Auswahl der Materialien für seinen Ton und für seine Glasuren auf natürliche Vorkommen in seiner Umgebung zurückgreift, verwendet Shutaro für die Kultivierung seiner Teesträucher nur aus der Natur gewonnen Materialien.

 

Tee und Keramik aus dem Blickwinkel des künstlerischen Schaffensprozesses

Tee wird oftmals vor allem in seiner Funktion als Getränk betrachtet. Das Ergebnis dieser Betrachtung ist, dass andere Facetten des Themas Tee somit in gewisser Weise ungesehen bleiben. Ebenso werden Keramiken wie Teeschalen oder Teekannen oftmals in ihrer Funktion als Gebrauchsgegenstand gesehen. Bestimmte Aspekte, ja vielleicht sogar Geheimnisse, bleiben so für den Blick des Betrachters im Verborgenen.

Zudem hängt die Beurteilung dessen, was als „gute Keramik“ oder „gelungener Tee“ betrachtet wird, davon ab, welche Funktion oder welchen Aspekt der Betrachter als wichtig erachtet. Die Frage danach, ob Tee sowie Keramik vor allem als Getränk beziehungsweise Gebrauchsgegenstand betrachtet werden, oder im Gegensatz dazu als eine künstlerische Ausdrucksform gesehen werden, führt bei der Beurteilung folglich zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen.

Eine Sichtweise, die unter anderem vom japanischen Weg des Tees [chado, Teezeremonie] inspiriert ist, beide Sichtweisen nicht voneinander zu trennen. So folgt, dass sowohl Tee als auch Keramik beides sind: Alltagsgegenstand oder einfaches Getränk, als auch eine künstlerische Ausdrucksform. Zumindest spielen beide – Tee und Keramik – im Rahmen der künstlerischen Performance „Weg des Tees“ [chado, Teezeremonie] eine zentrale Rolle. Dabei wird nicht nur der Zustand der Werke Tee und Keramik im Moment der Zeremonie betrachtet, sondern auch ihre Herkunft und Entstehungsgeschichte.

Während bestimmte Nuancen der Glasur bei einer Teeschale für die Teezeremonie [Matchaschale, chawan] wie KATO sie fertigt, nur mit sehr viel Geschick, vielleicht sogar nur mit Glück, hervorgebracht werden können, ist ebenso wichtig die Frage, welche Nuancen der Künstler hervorbringen möchte. Es geht also beim Schaffensprozess um die Interaktion des stilistischen Vorhabens, also dem, was geplant werden kann, mit dem, was nur bedingt beeinflussbar ist. Während die Form der Schale vom Künstler bestimmt werden kann, so können bestimmte Prozesse im Ofen nur bedingt beeinflusst werden.

Die Entstehungsgeschichte einer Matchaschale [chawan] beinhaltet also die stilistischen Vorlieben des Künstlers, die wiederum eine Interaktion mit der Tradition der Umgebung des Künstlers darstellen. Zudem beinhaltet die Entstehungsgeschichte aber auch Facetten dessen, was mehr oder weniger zufällig in Erscheinung tritt. Auch der Auftrag der Glasur kann geplant stattfinden, zum Beispiel in Form von definierten Motiven oder grafischen Elementen, wie man sie von der Stilrichtung Oribe kennt. Andererseits kann der Glasurauftrag beispielsweise durch Spritzen der Glasur mit Hilfe des Pinsels stattfinden. Das Element der künstlerischen und handwerklichen Erfahrung interagiert dann mit dem Element des Zufalls.

Matchaschale [chawan] im Oribe-Stil von KATO Juunidai [KATO Hiroshige] – Unikat K12-03
Matchaschale [chawan] im Oribe-Stil von KATO Juunidai [KATO Hiroshige] – Unikat K12-03
Gleiches gilt für das Werk „Tee“. Eine bestimmte geschmackliche Ausprägung wäre undenkbar, ohne die Erfahrung und die stilistischen Vorlieben derjenigen Person, die ihn anfertigt. Welcher Stil dabei verfolgt wird, spiegelt wiederum die Beziehung des Künstlers zu seiner Umgebung und die dort vorhandenen Traditionen wieder. Wie bei der Schaffung von keramischen Werken finden sich aber auch bei der Erschaffung eines Tees Facetten, (etwas fehlt) die nicht gänzlich kontrollierbar sind. Dazu gehört jedes Teeblatt an sich, das in der Natur des Teegartens entsteht. Während der Künstler hier wiederum durch die Pflege seines Teegartens einen gewissen Einfluss auf die Teesträucher ausüben kann, so entzieht sich das Phänomen des Wetters jedoch gänzlich seinem Einflussbereich.

So wie es KATO ausdrückt, geht für ihn das Brennen einer Keramik damit einher, für die Entstehung eines gelungenes Kunstobjekts während des Brennvorgangs die Hände zu falten und zu beten. KATO hat zwar die Möglichkeit währenddessen den Temperaturverlauf zu steuern, doch er kann nicht ins Innere des Ofens blicken. Ebenso stellt sich Shutaro Hayashi während der Dämpfung seiner Teeblätter der Herausforderung, seiner Wahrnehmung und Intuition zu vertrauen. Während er die Temperatur und Intensität der Dämpfung steuert, kann er noch nicht mit Gewissheit voraussehen wie sein Werk – der Tee – am Ende geschmacklich ausgeprägt sein wird. Gleiches gilt für die Entscheidung, zu welchem Tag genau mit der Beschattung der Teesträucher [kabuse] begonnen wird. Da zu diesem Zeitpunkt der Erntetag noch nicht sicher vorhergesehen werden kann – dieser stellt zugleich den zeitlichen Endpunkt der Beschattung dar – obliegt die Entscheidung über den Beginn der Beschattung zu einem wesentlichen Grad der Erfahrung aber auch der Intuition des Künstlers.

Die Intuition, Erfahrung und Beziehung zur Umgebung prägt also den Schaffensprozess der Werke beider Künstler – Shutaro Hayashi und KATO Juunidai – in grundlegender Weise.