1. Der Sinn des Dämpfens von grünem Tee
Zunächst einmal ist zu sagen, dass es sich nur dann um grünen Tee handelt, wenn auf irgend eine Weise die Fermentation der Tee-Blätter verhindert wird. Da in den Blättern von Natur aus bestimmte Enyme vorhanden sind, die dafür Sorgen, dass die Teeblätter kurz nach der Ernte beginnen langsam braun zu werden, müssen diese Enzyme deaktiviert werden, damit es sich um einen grünen Tee handelt. Ist zum Bespiel der Weg vom Teegarten bis in die Produktionshalle zu weit, beginnen die Blätter bereits an Bruchstellen braun zu werden. Daher gilt im Normalfall bei der Herstellung von Grüntee die Grundregel, dass die Blätter möglichst schnell nach der Ernte erhitzt werden sollten. Eine Möglichkeit die Fermentation zu stoppen ist daher die Behandlung der Blätter mit heißem Dampf.
2. Die Dämpfung von Tee in Japan
2.1 Die geschichtliche Entwicklung der Dämpfung von Tee versus der trockenen Erhitzung
Auch wenn die Geschichte des Dämpfens von Tee hier nur am Rande Erwähnung finden soll, sei doch so viel gesagt: Bereits bevor grüner Tee in Japan hergestellt wurde, war es in China üblich Teeblätter zu dämpfen, um grünen Tee herzustellen. Durch eine Umwälzung in der Tee-Produktion, kam es in China jedoch zu einer Entwicklung weg von der Dämpfung und hin zur trockenen Erhitzung. Auch heutzutage ist in China die Dämpfung von grünem Tee sehr unüblich, und die meisten chinesischen Tee werden trocken erhitzt.
In Japan jedoch finden wir eine mehr oder weniger gegenläufige Entwicklung, denn dort war Anfang des 20. Jahrhunderts noch die trockene Erhitzung (Kamairicha) die übliche Art der Tee-Herstellung. Während Mitte des 20. Jahrhunderts bereits etwa die Hälfte des Tees gedämpft wurde, beschleunigte die japanische Maschinen-Indutrie diesen Prozess, so dass heutzutage nur noch etwa ein Prozent der in Japan hergestellten Menge an grünem Tee trocken erhitzt wird. Kamairicha ist in Japan also fast ausgestorben, und wurde fast komplett von gedämpftem Tee (Oberkategorie: Sencha) ersetzt.
2.2 Die maschinelle Dämpfung im heutigen Japan
Die Dämpfung im heutigen Japan findet also grundsätzlich maschinell statt, abgesehen von Teewettbewerben, bei denen eine verschwindene Menge in Handarbeit hergestellt wird, die im Regelfall jedoch kaum käuftlich zu erwerben ist, und normalerweise nicht für den Export hergestellt wird. Die Blätter werden zur Dämpfung durch eine Röhre transportiert, in die ständig heißer Wasserdampf geschickt wird. Die Röhre weist dabei eine leichte Neigung auf, die verstellbar ist. Je stärker die Neigung eingestellt wird, desto länger dauert es, bis die Teeblätter den Weg durch dei Röhre zurückgelegt haben. Bei einer starken Neigung entsteht also kurz gedämpfter Tee (Asamushi-Sencha), während bei einer eher leichten Neigung lang gedämpfter Tee (Fukamushi-Sencha) entsteht. Wie tief der Dampf in die Teeblätter eindringen kann spielt jedoch auch eine wichtige Rolle für die Frage, ob es sich letztlich um einen Asamushi oder einen Fukamushi, bzw. um eine Zwischenschritt (Chumushi) handelt, und dies wiederum hängt von der dicke und Festigkeit der Teeblätter ab.
2.3 Die Eigenschaften von maschineller Dämpfung versus trockener Erhitzung
Ein Vorteil der Dämpfung an sich im Vergleich zur trockenen Erhitzung (Kamairi) ist, dass der Dampf verhältnismäßig tief in die Teeblätter eindringt, und somit die Blattstruktur gewissermaßen aufschließt, wudurch die Blätter auch mehr oder weniger porös werden. Treibt man dies auf die Spitze, entsteht ein sehr poröser, intensiv gedämpfter Tee (Fukamushi), dessen Blätter recht instabil sind. Beim Aufgießen dringt das warme Wasser sofort in die Blätter ein, und löst viele der Inhaltsstoffe sehr leicht heraus, die somit in den Aufguss übergehen, also mitgetrunken werden können. Je intensiver ein Tee gedämpft wurde, desto stärker ist dieser Effekt, und desto intensiver ist auch die Aufgussfarbe des betreffenden Tees.
Sehr kurz gedämpfte Tees (Asamushi) stellen in Bezug auf ihre Eigenschaften gewissenmaßen eine Art Übergang zum trocken erhitzten Tee dar. Die Blätter von kurz erhitzen Tees (Asamushi) sind härten, und entsprechend lösen sich weniger Inhaltsstoffe aus den Blättern und gehen in den Aufguss über. Bei trocken erhitzem Tee (Kamairicha) jedoch, sind die Blätter tendenziell noch fester, und tendenziell ist die Blattstruktur noch besser erhalten, so dass trocken erhitzte Tees oftmals eher heiß aufgegossen werden, um einen als angemessene Empfungenen Aufguss zu erzielen. Mehr Hitze – sowohl bei der Herstellung als auch beim Aufgiessen – kann aber dazu führen, dass bestimmte Inhaltsstoffe zerstört werden.
Während maschinelle Dämpfung (Sencha), wie sie heutzutage in Japan üblich ist, sehr präzise Einstellungen ermöglicht, was erleichtert bestimmte Ergebnisse zu erzielen, überwiegt beim trockenen Erhitzen (Kamairi) die Anforderung an die handwerlichen und künstlerischen Fähgikeiten des Teeproduzenten. Beide Formen der Herstellung erfordern jahrelange Erfahrung, doch einen excellenter Kamairicha herzustellen, der nicht zu heiß erhitzt wurde als dass er sein Grün verliert, und doch nicht zu schwach als dass die Fermentation nicht gestoppt würde, kann durchaus schon als Kunstform aufgefasst werden.